England - Bath 2006/2007 - 1
University of Bath, United Kingdom
Studienaufenthalt: WS 2006/07
Austauschprogramm: SOKRATES / ERASMUS
Zusammenfassung eines 6-monatigen Auslandsaufenthaltes an der University of Bath
Nach 2-monatigem Prüfungsstress und einem Turbo-Auszug aus meiner Kieler
Wohnung durchquere ich die Passkontrolle am Hamburger Flughafen. Ich habe das
Gefühl in eine neue Welt einzutauchen. Ohne jegliche Vorstellungen und
Erwartungen betrete ich den Easyjet-Flieger, der mich mit über 2 Stunden
Verspätung nach Bristol bringt, wo mich meine neuen Mitbewohner Nick und
Mari abholen um mich mit nach Bath zu nehmen.
Das einzige Bild, das ich von England habe: Regen, graue Häuser, prüde
Engländer…
Und obwohl ich traurig bin, so viel zurück zu lassen, was mir wichtig ist
und viel bedeutet, bin ich unheimlich gespannt auf das kommende halbe Jahr.
Ich habe so viel erlebt in dieser Zeit, so viele neue Erfahrungen gemacht, neue Menschen kennen gelernt, richtig Englisch gelernt. Ein Auslandssemester ist so viel wert und ich weiß es zu schätzen. Und nun soll ich meine Erfahrungen auf zwei DIN A 4 Seiten zu Papier bringen, was unmöglich ist. Aber ich werde versuchen das Gröbste zusammenzufassen.
Bath ist eine sehr schöne Stadt, die mit London eine große Touristen-Attraktion in England ist. Sie ist im Tal gelegen und umgeben von sieben Hügeln: ein früherer Vulkan. Am Wochenende ist sie voll von Menschen, die sich die Roman Baths, die Abbey und das Jane Austen - Museum anschauen wollen. Mit den kleinen englischen Häusern aus Kalkstein und dem River Avon, der einmal durch die ganze Stadt fließt, kann man sich schnell einleben. Ich bin an meinem ersten Tag in Bath mit großen Augen durch die Stadt gelaufen und war abends müde von so vielen neuen Eindrücken. Das Erste, was mir aufgefallen ist: Die Engländer sind super freundlich und nett. Jeder lächelt einen auf der Straße an und fragt interessiert, was man so macht.
Die University of Bath ist für mich mit dem riesengroßen
Sportangebot ein Paradies. Viele Studenten suchen sich diese
Uni aus wegen der Sports Training Village. Dort gibt es einfach alles: Ein großes
Fitness-Zentrum, das Gym, eine 50m-Schwimmhalle, Hallen für jede Ballsportart,
ein großes Stadion mit Tartanbahn, Rugby-Plätze und vieles mehr.
Die Zeit, die ich an der Uni verbracht habe, bestand somit aus Sport machen
und studieren. Neben Vorlesungen des Department of Physics, die mir vom Niveau
her niedriger erschienen als diejenigen, die in Kiel angeboten werden, habe
ich einen Englischkurs belegt, der empfehlenswert ist. Es werden
einige angeboten, angefangen von Cambridge first certificate bis hin zu British
Society oder Academic Writing.
Zur Uni fährt man aber auch nur einmal pro Tag, da man den Uni-Berg mit
seiner 12%-igen Steigung mit dem Mountainbike 10 Minuten hochfahren muss. Deswegen
gibt es wohl auch kaum Radfahrer und ein Hollandrad sollte man Zuhause lassen.
Aber die Talabfahrt und der Ausblick auf die grauen englischen
Häuschen sind es wert! Auch wenn sich die Häuschen
bestätigt haben – der befürchtete Regen nicht. Ich habe
wenige Regentage gehabt und das Wetter war 1000mal besser als in
Deutschland. Wegen des Golfstromes ist das Klima in
Südwest-England sehr mild und in Cornwall habe ich sogar Palmen
gesehen. Und Strände wie in der Karibik!
Und dass die Engländer ein wenig verklemmt sind, ist zumindest bei manchen
Frauen der Fall: es gab doch tatsächlich welche, die in Unterwäsche
geduscht haben! Aber um dies wieder auszugleichen, sind die Engländerinnen
nicht nur abends (!) mit Minirock, kurzen Tops und hochhackigen Schuhen unterwegs
– und je mehr Rettungsringe rausgucken, desto besser! :)
Wer ein typisches Party-Erasmus-Jahr machen möchte, sollte
besser nicht nach England gehen. Zwar ist die Sperrstunde aufgehoben, aber trotzdem
wird um 23 Uhr die Glocke hinterm Tresen im Pub geläutet und das Licht
angemacht. Aber wenn man schon um 19 Uhr losgeht, dann reicht das ja auch…
Sehr angenehm ist, dass in England (bis auf London) so gut wie gar nicht geraucht
wird. Eine Zigarettenschachtel kostet umgerechnet 7,50€ und niemand fragt:
„Haste mal ne Zigarette?“ Nein, man fragt höflich:”Could
I buy a cigarette, please?” Und pro Kippe gibt’s dann 50p.
Aber nicht nur die Zigaretten sind teuer. Ich denke, man kann sagen, es ist
alles doppelt so teuer wie in Deutschland, wenn nicht noch mehr. Für mein
6qm großes WG-Zimmer habe ich umgerechnet 450€ monatlich bezahlt.
Die Preise in einem englischen Supermarkt sind doppelt so hoch
wie in einem deutschen. Da kann man sich ja ausrechnen, wie viel Geld man monatlich
in England ausgibt… Es gibt zwar einen Lidl in Bristol, dessen Preise
man noch verkraften kann – aber wer fährt schon jeden Tag von Bath
nach Bristol zum Einkaufen. Da stürzt man sich doch lieber abends um kurz
vor zehn noch mal ins volle Sainsbury’s…
In den ersten Wochen zurück in Deutschland hatte ich erstmal Schwierigkeiten
mich wieder einzuleben. Es war ungewohnt wieder nur deutsch um mich herum zu
hören und ich habe die Insel-Leute und die schöne Zeit sehr vermisst.
Aber es gibt ja Ryanair und Easyjet, die zukünftige England-Besuche ermöglichen.
Noch ein Ratschlag für diejenigen, die bald als Erasmus-Student ins Ausland
gehen: Man trifft immer Deutsche, ich denke egal wo es einen hin verschlägt,
aber es ist ganz wichtig auf jeden Engländer zuzugehen. In Bath haben sich
sofort Erasmus-Gruppen gebildet: Deutsche, Spanier, Italiener… Und wenn
man erstmal in einer deutschen Gruppe ist, dann ist es glaube ich nicht einfach
da wieder rauszukommen. Also, lernt lieber Englisch, sucht euch ausländische
Mitbewohner und nutzt die Freizeitmöglichkeiten der Uni.
Mich hat dieses halbe Jahr sprachlich sehr viel weiter gebracht. Aber ob man
Englisch lernt oder nicht, liegt an einem selbst.